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Sonntag, 6. März 2011
Trash-Formate
Fast habe ich schon keine Lust mehr, auf einem bestimmten Serien- und Trash-Kanal die guten, frischen Ami-Krimis anzugucken. Da wird zur Zeit so eine absurde trashige Abnehm-Show namens 'Biggest Loser' für ihren baldigen Start angekündigt.
Es scheint sich wohl um eine Gruppe von dicken Leuten in bunten T-Shirts zu handeln, die boot camp-mäßig Sport machen müssen, und wer am meisten abnimmt, hat gewonnen?
Mich graust dabei, wie diese armen Menschen vorgeführt werden. Es sind halt keine Menschen, sondern irgendwie 'andere' Blobs, bei denen die Kamera zur allgemeinen Belustigung gnadenlos auf Speckrollen und Schwabbelbäuche draufhält und der drill instructor die Körper dieser Leute allen Ernstes als 'Scheiße' bezeichnet. Sie haben jetzt schon nicht mal mehr Bäuche und Hintern, sondern sind nur noch ein amorpher Sack Scheiße. Das soll sie zum Abnehmen motivieren -- Selbsthaß und Ekel.
Das ist die Message solcher Formate -- Haß und Ekel gegenüber dem Fett anderer Leute (die eigentlich gar keine Leute sind, nicht so wie die Normalen), und heimlicher Selbsthaß und Selbstekel in jedem Zuschauer, die sich auf das (potentielle) Fett am eigenen Körper richtet. Das gilt übrigens auch für die bizarren Fett-Episoden der Samstags-Abends-Trash-Doku auf Vox. Superdicke Körper werden mit genüßlichem Ekel vorgeführt, und die Menschen selber dürfen nur eines sein: unglücklich, abnehmewillig, und voll Verzweiflung über das eigene Dasein. Sie sind auf jeden bizarr, auf jeden Fall total anders als 'wir', und namenlos eklig.
Warum also der Aufwand? Soviele Deathfatties von diesem Format gibt es doch nicht, dass die sich als Zielgruppe für eine Industrie lohnen würden, auch wenn die Zahlen über Magenamputationen furchterregend sind.
Ein alter Spruch aus dem Repertoire der Dickenhasser besagt, dass in jeder dicken Frau eine dünne steckt, die sich nach draußen kämpfen muss. Was, wenn man diese Parole umdreht?
In jeder dünnen, normalen, durchschnittlichen oder leicht kurvigen Frau steckt (so suggerieren diese Trash-Formate und jede andere Art von Anti-Fett-Werbung) eine potentielle Deathfattie, die nur darauf wartet, herauszukommen und sich auszudehen und ihr Leben zu ruinieren, und die unaufhörlich und dispzipliniert bekämpft werden muss. Wenn angeblich alle abnehmen können (was wir ja mit sowas glauben gemacht werden sollen), dann können ganz genauso gut alle zunehmen, und immer mehr zunehmen, bis sie solche entmenschlichten Blobs sind und nur noch leiden, und von der Kamera und Millionen johlender Fernsehzuschauer verhöhnt werden.
Das macht Angst -- völlig überflüssige Angst, wenn es doch so viel wesentlichere und wichtigere Dinge auf der Welt gibt, die man bekämpfen könnte.
Und durch diese Angst vor den Deathfatties, die in uns allen schlummern, wird die Zielgruppe der Abnehmindustrie schlagartig größer: alle. Absolut alle!
Ich brauche keine Brille (bis auf eine Sonnenbrille, und eine 1-Euro-Lesebrille zum Einfädeln der Nähmaschine -- bin halt nicht mehr die Jüngste), und ich bin eine überzeugte Großstädterin ohne Auto. Werbung für Optikerketten, Autos, Autoversicherungen geht an mir vorbei wie solche für Babynahrung und Hundefutter.
Wofür diese Trash-Formate zur Aufhetzung zum Dickenhass gut sind, ist, die Gruppe der Leute, an denen die Abnehmwerbung vorbeigeht, immer kleiner und kleiner zu machen. Da lebt eine wachsende Millionenindustrie im Bereich Nahrungsmittel und Gesundheit (inklusive dem Eso-Segment der 'bollocky potions from China') von, und ein Nebeneffekt ist, dass finanzielle und mentale Ressourcen gebunden werden, die woanders besser verwendet wären.
Was, wenn auch nur ein Teil dieser Leute folgende Dinge tun würden:
Fat Acceptance geht auch um das Freisetzen gebundener Energien -- nicht der Energien im Körperfett durch Sport, sondern der mit dem Abnehmwahn beschäftigte Energien für wirkliche sinnvolle Projekte und Unterfangen -- von Hobbies über Kunstaktionen, Lebensfreude, die sich durch Kochen, Essen, Tanzen, Gärtnern oder Musik ausdrückt, Lesen und Bloggen, mit Katzen und Hunden spielen, mitdiskutieren bei dem, was man wichtig findet, und schließlich Aktivismus, Demonstrieren, Verbreiten von Ideen, Politik, Aufruhr. Und gerade die, die Familien haben, wollen doch ihren Kindern eine bessere Zukunft hinterlassen! Und gerade wir Frauen haben doch wirklich genug echte Probleme, weltweit, aber auch gerade noch hier in unserer ach so fortschrittlichen westlichen Welt! Es gibt so viel zu tun, von dem der Abnehmfasel nur ablenkt.
Und, fürchte ich, eben ablenken soll.
Es scheint sich wohl um eine Gruppe von dicken Leuten in bunten T-Shirts zu handeln, die boot camp-mäßig Sport machen müssen, und wer am meisten abnimmt, hat gewonnen?
Mich graust dabei, wie diese armen Menschen vorgeführt werden. Es sind halt keine Menschen, sondern irgendwie 'andere' Blobs, bei denen die Kamera zur allgemeinen Belustigung gnadenlos auf Speckrollen und Schwabbelbäuche draufhält und der drill instructor die Körper dieser Leute allen Ernstes als 'Scheiße' bezeichnet. Sie haben jetzt schon nicht mal mehr Bäuche und Hintern, sondern sind nur noch ein amorpher Sack Scheiße. Das soll sie zum Abnehmen motivieren -- Selbsthaß und Ekel.
Das ist die Message solcher Formate -- Haß und Ekel gegenüber dem Fett anderer Leute (die eigentlich gar keine Leute sind, nicht so wie die Normalen), und heimlicher Selbsthaß und Selbstekel in jedem Zuschauer, die sich auf das (potentielle) Fett am eigenen Körper richtet. Das gilt übrigens auch für die bizarren Fett-Episoden der Samstags-Abends-Trash-Doku auf Vox. Superdicke Körper werden mit genüßlichem Ekel vorgeführt, und die Menschen selber dürfen nur eines sein: unglücklich, abnehmewillig, und voll Verzweiflung über das eigene Dasein. Sie sind auf jeden bizarr, auf jeden Fall total anders als 'wir', und namenlos eklig.
Warum also der Aufwand? Soviele Deathfatties von diesem Format gibt es doch nicht, dass die sich als Zielgruppe für eine Industrie lohnen würden, auch wenn die Zahlen über Magenamputationen furchterregend sind.
Ein alter Spruch aus dem Repertoire der Dickenhasser besagt, dass in jeder dicken Frau eine dünne steckt, die sich nach draußen kämpfen muss. Was, wenn man diese Parole umdreht?
In jeder dünnen, normalen, durchschnittlichen oder leicht kurvigen Frau steckt (so suggerieren diese Trash-Formate und jede andere Art von Anti-Fett-Werbung) eine potentielle Deathfattie, die nur darauf wartet, herauszukommen und sich auszudehen und ihr Leben zu ruinieren, und die unaufhörlich und dispzipliniert bekämpft werden muss. Wenn angeblich alle abnehmen können (was wir ja mit sowas glauben gemacht werden sollen), dann können ganz genauso gut alle zunehmen, und immer mehr zunehmen, bis sie solche entmenschlichten Blobs sind und nur noch leiden, und von der Kamera und Millionen johlender Fernsehzuschauer verhöhnt werden.
Das macht Angst -- völlig überflüssige Angst, wenn es doch so viel wesentlichere und wichtigere Dinge auf der Welt gibt, die man bekämpfen könnte.
Und durch diese Angst vor den Deathfatties, die in uns allen schlummern, wird die Zielgruppe der Abnehmindustrie schlagartig größer: alle. Absolut alle!
Ich brauche keine Brille (bis auf eine Sonnenbrille, und eine 1-Euro-Lesebrille zum Einfädeln der Nähmaschine -- bin halt nicht mehr die Jüngste), und ich bin eine überzeugte Großstädterin ohne Auto. Werbung für Optikerketten, Autos, Autoversicherungen geht an mir vorbei wie solche für Babynahrung und Hundefutter.
Wofür diese Trash-Formate zur Aufhetzung zum Dickenhass gut sind, ist, die Gruppe der Leute, an denen die Abnehmwerbung vorbeigeht, immer kleiner und kleiner zu machen. Da lebt eine wachsende Millionenindustrie im Bereich Nahrungsmittel und Gesundheit (inklusive dem Eso-Segment der 'bollocky potions from China') von, und ein Nebeneffekt ist, dass finanzielle und mentale Ressourcen gebunden werden, die woanders besser verwendet wären.
Was, wenn auch nur ein Teil dieser Leute folgende Dinge tun würden:
- den aus 'schlechtem Gewissen' bezahlten Monatsbeitrag zu einem fast nie besuchten Fitnessstudio statt dessen bei avaaz.org für mobile Internetinfrastruktur zum Einsatz in Libyen und bei den anderen aktuellen arabischen Revolutionen zu spenden?
- statt der 'Verfettung der Gesellschaft' die 'Gentrifizierung der Städte' zu bekämpfen?
- statt über Alli und Viagra über die teuren Monopol-Medikamente gegen Krankheiten wie AIDS zu reden, und eine Pharma-Industrie, die willig ist, in afrikanischen und asiatischen Ländern ganze Generationen sterben zu lassen, um ihre lukrativen Patente zu schützen?
- statt industrieller 'Light'-Produkte irgendwas zu kaufen, was richtig gut schmeckt, dessen Zutatenliste auf dem Etikett richtig kurz ist?
- nicht länger Selbstkasteiung als Pflichtbeitrag zur Volksgesundheit zu akzeptieren, sondern lieber zu hinterfragen, wer sagen darf, was 'gesund' ist, und wem die ganzen Privatisierungen im Gesundheitswesen wirklich nützen?
- nicht joggen zu gehen, um abzunehmen oder 'schlank zu bleiben' (siehe oben), sondern lieber demonstrieren zu gehen, gegen Tiefbahnhöfe und mehr Kernkraft, für mehr direkte Demokratie und Bürgebeteiligung, oder meinetwegen auch umgekehrt?
Fat Acceptance geht auch um das Freisetzen gebundener Energien -- nicht der Energien im Körperfett durch Sport, sondern der mit dem Abnehmwahn beschäftigte Energien für wirkliche sinnvolle Projekte und Unterfangen -- von Hobbies über Kunstaktionen, Lebensfreude, die sich durch Kochen, Essen, Tanzen, Gärtnern oder Musik ausdrückt, Lesen und Bloggen, mit Katzen und Hunden spielen, mitdiskutieren bei dem, was man wichtig findet, und schließlich Aktivismus, Demonstrieren, Verbreiten von Ideen, Politik, Aufruhr. Und gerade die, die Familien haben, wollen doch ihren Kindern eine bessere Zukunft hinterlassen! Und gerade wir Frauen haben doch wirklich genug echte Probleme, weltweit, aber auch gerade noch hier in unserer ach so fortschrittlichen westlichen Welt! Es gibt so viel zu tun, von dem der Abnehmfasel nur ablenkt.
Und, fürchte ich, eben ablenken soll.
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